Quellensteuern im internationalen Verhältnis
Ein Praxisfall im Verhältnis Schweiz - Niederlande
Herr X. hat seinen Wohnsitz in der Schweiz und übt ein Mandat als Verwaltungsrat resp. Aufsichtsrat in einer niederländischen Aktiengesellschaft ("N.V.") aus. Im vorliegenden Fall arbeitet Herr X. physisch ausschliesslich von der Schweiz aus und stellt Rechnung aufgrund seines effektiven Aufwands. Es stellen sich bei dieser Ausgangslage grundsätzlich zwei Fragen: 1. Wie wird die Entschädigung in der Schweiz besteuert und 2. erfolgt eine Besteuerung in den Niederlanden und falls ja, in welcher Form (Quellensteuer oder persönliche Steuerpflicht)?
Aus Schweizer Sicht wird das Mandatsentgelt aufgrund des Welteinkommensprinzips bei unbeschränkter Steuerpflicht – im Grundsatz – steuerlich erfasst. Mit Blick auf das internationale Verhältnis weist Art. 16 des Doppelbesteuerungsabkommens CH/NL ("DBA") das Besteuerungsrecht den Niederlanden als Quellensteuerstaat zu, so dass die Schweiz in Anwendung der Kollissionsregel von Art. 22 Abs. 5 lit. a DBA CH/NL das Entgelt von der Besteuerung ausnimmt, jedoch für die Steuersatzbestimmung berücksichtigen wird (Progressionsvorbehalt).
Nicht unbedeutend ist die Frage, welche Tätigkeiten als "Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen" im Sinne von Art. 16 DBA CH/NL gelten. Dies ist insbesondere für die Abgrenzung zu "Arbeitnehmern" (Art. 15 DBA CH/NL, unselbstständige Erwerbstätigkeit) von Bedeutung, wo das Arbeitsortsprinzip gilt.
Bereits in Ziff. 2 von Art. 16 DBA CH/NL wird ersichtlich, dass das interne niederländische Recht gewisse inhaltliche Differenzierungen von Verwaltungsratsmandaten kennt (Unterscheidung in Ziff. 2 zwischen sog. "bestuurders" = "Vorstand/VR" und "commissarissen" = "Aufsichtsrat"). Zudem hält Ziff. 3 weiter fest, dass im Falle eines in der Schweiz wohnhaften "bestuurders" eine Teilbesteuerung zwischen der Schweiz und den Niederlanden stattfinden soll.
Steuerbegründende Funktion des internen Rechts des Quellensteuerstaates
Ob tatsächlich eine Besteuerung in den Niederlanden erfolgt, kann nicht durch das DBA CH/NL, sondern nur durch das lokale interne Recht des Quellensteuerstaates entschieden werden (DBAs haben nie steuerbegründende, sonder nimmer nur steuerbegrenzende Funktion). Insofern ist zwangsläufig die Auskunft eines lokalen Steuerberaters einzuholen.
Im niederländischen Recht ergibt sich grundsätzlich eine Unterscheidung zwischen sog. "executive directors" und "non-executive" bzw. "supervisory board members". Während bei "executive directors" die Behandlung als Arbeitnehmer mit Quellenbesteuerung vorliegt, ist die Situation beim "non-executive" und "supervisory board member" anders: Wird die Tätigkeit vollständig ausserhalb der Niederlande geführt, so wird grundsätzlich keine niederländische Besteuerung ausgelöst (weder Quellensteuer noch persönliche Steuerpflicht). Allerdings kann jederzeit bei Aufnahme der Arbeitstätigkeit vor Ort eine persönliche Steuerpflicht resultieren und in diesem Fall ist man selbst dafür verantwortlich, sich bei der niederländischen Steuerbehörde zu melden und in der Folge eine Steuererklärung abzugeben.
Für unseren Ausgangsfall stellt sich heraus, dass Herr X seine Tätigkeit als "non-executive board member" ausübt und dies ohne physische Tätigkeit in den Niederlanden. Folglich ergibt sich – rein bezüglich des Mandats – keinerlei Besteuerungsgrundlage in den Niederlanden. Insoweit wird damit auch die ganze Doppelbesteuerungsfrage hinfällig und die Besteuerung erfolgt lediglich in der Schweiz – gemäss DBA-Regelung wohlbemerkt auch in diesem Falle nur satzbestimmend.
Merkpunkte im internationalen Verhältnis
Internationale Sachverhalte können zumeist nicht ohne Kenntnis der Besteuerungsgrundlagen des beteiligten ausländischen Staates gelöst werden – insofern ist eine Abklärung des lokalen Rechts unabdingbar. In einem zweiten Schritt fragt sich stets, wie das anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen den Sachverhalt qualifiziert bzw. welchem Staat das Besteuerungsrecht zugewiesen wird und wie die Doppelbesteuerung zu vermeiden ist (Freistellungs- oder Anrechnungsmethode). Im Ergebnis empfiehlt sich stets vorgängig zum Antritt einer ausländischen Arbeitstätigkeit die betreffenden Steuerfragen zu klären.